Zürich – Das Sanatorium Kilchberg bei Zürich setzt auf eine umfassende recovery-orientierte Neuausrichtung der gesamten Klinik. Cornelia Schäfer und Karin Koch befragten Gianfranco Zuaboni, den Leiter der Abteilung Pflegeentwicklung und Recovery-Beauftragten, sowie die Peer-Mitarbeiterin Bettina W. zu ihren Erfahrungen und praktischen Vorgehensweisen bei diesem ambitionierten Projekt.

Einführung des Recovery-Konzepts

Gianfranco Zuaboni, Leiter der Pflegeentwicklung, erklärt, dass das Sanatorium Kilchberg bereits seit über einem Jahr intensiv daran arbeitet, die Klinik recovery-orientiert auszurichten. Dieses Konzept zielt darauf ab, eine patientenorientierte Umgebung zu schaffen, die auf Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Patienten basiert. Unterstützt wird dieses Vorhaben durch ein engagiertes Team, das die Bedürfnisse und Perspektiven der Patienten in den Mittelpunkt stellt.

Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung spielt Bettina W., die als Peer-Mitarbeiterin ihre eigenen Erfahrungen mit psychischen Krisen in ihre Arbeit einbringt. Sie unterstützt Patienten auf ihrem Genesungsweg und fungiert als Brückenbauerin zwischen Patienten und professionellen Betreuern. Ihre Aufgabe ist es, Hoffnung und Mut zu vermitteln, indem sie ihre eigene Genesungsgeschichte teilt.

Die Einführung des Recovery-Konzepts war nicht ohne Herausforderungen. Gianfranco Zuaboni berichtet von anfänglichen Spannungen und Vorurteilen im Team. Es war wichtig, klar zu kommunizieren, dass Peer-Mitarbeiter eine ergänzende und keine ersetzende Rolle im therapeutischen Team einnehmen. Diese Umstellung erforderte eine offene und transparente Kommunikation sowie die Bereitschaft zur Anpassung und Veränderung.

Bettina W. betont, dass die größte Herausforderung in der kontinuierlichen Anpassung der Betreuungskonzepte lag. Patienten sollen lernen, Verantwortung für ihre eigene Genesung zu übernehmen, was nicht immer einfach ist. Trotzdem zeigt sich, dass diese Herangehensweise positive Ergebnisse liefert und sowohl das Wohlbefinden der Patienten als auch die Arbeitszufriedenheit des Teams steigert.

Erfolgreiche Maßnahmen

Gianfranco Zuaboni und Bettina W. erklären, dass die Patienten von Anfang an in die Planung und Umsetzung des Recovery-Projekts eingebunden wurden. Regelmäßige Gespräche und Feedbackrunden halfen dabei, die Bedürfnisse und Erwartungen der Patienten zu berücksichtigen. Dies förderte nicht nur das Vertrauen, sondern stärkte auch das Gefühl der Eigenverantwortung bei den Betroffenen.

Bettina W. erläutert, dass ihre Arbeit besonders erfolgreich ist, wenn sie ihre eigene Genesungsgeschichte teilt und den Patienten zeigt, dass es möglich ist, sich von einer psychischen Krise zu erholen. Ihre Erfahrungen helfen den Patienten, Hoffnung zu schöpfen und sich auf ihren eigenen Genesungsweg zu begeben.

Das Sanatorium Kilchberg plant, die positive Entwicklung weiter voranzutreiben. Gianfranco Zuaboni betont, dass die Schulung und Supervision der Peer-Mitarbeiter kontinuierlich fortgesetzt wird. Die Schulung umfasst grundlegende Themen wie Recovery-Ansätze und die Anwendung praktischer Werkzeuge im Alltag. Eine professionelle Begleitung ist unerlässlich, um die Qualität und Effektivität der Peer-Arbeit sicherzustellen.

Bettina W. wird weiterhin als zentrale Ansprechperson fungieren und gemeinsam mit dem Team an der Weiterentwicklung der Recovery-Strategien arbeiten. Das Ziel ist es, das Angebot stetig zu erweitern und die Patienten noch besser zu unterstützen.

Positive Rückmeldungen und langfristige Perspektiven

Die Einführung von Peer-Mitarbeitern und die Umsetzung von Recovery-Konzepten im Sanatorium Kilchberg haben gezeigt, dass patientenorientierte Ansätze nicht nur machbar, sondern auch erfolgreich sind. Patienten berichten von positiven Veränderungen in ihrem Leben und einem gesteigerten Gefühl der Selbstbestimmung. Das Pflegepersonal profitiert von den neuen Impulsen und der engeren Zusammenarbeit mit den Patienten.

In der Praxis bedeutet dies, dass Peer-Mitarbeiter wie Bettina W. regelmäßig mit den Patienten arbeiten und sie in alltäglichen Situationen unterstützen. Ob es darum geht, soziale Kontakte zu pflegen, an Gruppenaktivitäten teilzunehmen oder einfach nur zuzuhören – die Peer-Mitarbeiter sind immer da, um zu helfen und zu motivieren.

Gianfranco Zuaboni fasst zusammen, dass die Erfahrungen des letzten Jahres gezeigt haben, dass das Recovery-Modell das Potenzial hat, die psychiatrische Versorgung grundlegend zu verbessern. Es geht darum, den Patienten Werkzeuge und Strategien an die Hand zu geben, mit denen sie ihre Genesung aktiv gestalten können.

Fazit

Das Sanatorium Kilchberg hat mit der Einführung von Peer-Mitarbeitern und Recovery-Konzepten einen wichtigen Schritt in Richtung einer menschlicheren und effektiveren Psychiatrie gemacht. Die Patienten profitieren von einer Betreuung, die auf Verständnis und Unterstützung basiert, während das Pflegepersonal durch die neuen Impulse motiviert und gestärkt wird. Die positiven Rückmeldungen und der sichtbare Erfolg des Projekts zeigen, dass dieser Weg fortgesetzt werden sollte.

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Quelle: Psychosoziale Umschau: „Recovery Konkret“

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